Korruptionsrichtlinie

Seite drucken


siehe auch: Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Landes Schleswig-Holstein

Richtlinie
"Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung
in der Landesverwaltung Schleswig-Holstein"
(Korruptionsrichtlinie Schl.-H.)

Gl.-Nr.: 4532.1

Fundstelle: Amtsbl. Schl.-H. 2003 S. 826

Bekanntmachung des Innenministeriums

Vom 7. November 2003 – IV 11 -

INHALTSÜBERSICHT


1

Allgemeines

2




1.1

Vorbemerkungen

2

1.2

Anwendungsbereich

2




2

Korruption

2




2.1

Begriff

2

2.2

Gesetzliche Regelungen

2

2.2.1

Strafrecht

2

2.2.2

Dienst- und Arbeitsrecht

2

2.3

Korruptionsgefährdete Bereiche

2

2.4

Anzeichen für Korruption

3

2.5

Verhütung von Korruption

3




3

Maßnahmen in der Landesverwaltung

3




3.1

Personal

3

3.1.1

Information


3.1.2

Personalauswahl und Begrenzung der Verwendungszeiten

3

3.1.3

Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

4

3.1.4

Verhaltenskodex

4

3.1.5

Aus- und Fortbildung

4

3.1.6

Führungsverantwortung

4

3.2

Weitere Regelungen

4

3.2.1

Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken

4

3.2.2

Nebentätigkeiten

4

3.3

Kontrollmechanismen

5

3.3.1

Verbesserung der Abläufe

5

3.3.2

Dienst- und Fachaufsicht

5

3.3.3

Innenrevision

5




4

Vergaben

5




4.1

Vergabeverfahren

5

4.2

Verfahren bei Ausschreibung und Vergabe

5

4.3

Grundsätzliche Trennung von Planung, Vergabe und Abrechnung

6

4.4

Erstellen von Leistungsbeschreibungen

6

4.5

Behandlung von Unterlagen im Vergabeverfahren

6

4.6

Wettbewerbsausschluss von Unternehmen

6

4.7

Führen einer Vergabedatei

7

4.8

Überprüfung der Vergabeentscheidung

7

4.8.1

Vergabeprüfstellen

7

4.8.2

Vergabekammer

7




5

Korruptionsverdacht

7




5.1

Unterrichtung

7

5.2

Ansprechstelle

8

5.3

Zentrale Stelle Korruption

8

5.4

Verhalten und Maßnahmen bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes

8

5.5

Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden

8




6

Sponsoring

8




7

Schlussbestimmungen

8




7.1

Regelungen bei Zuwendungsmaßnahmen

8

7.2

Andere Regelungen

8

7.3

Anwendungsempfehlungen

8

7.4

Inkrafttreten

8




8

Anlagen

9


1. 

Allgemeines

1.1 

Vorbemerkungen

Korruption ist ein Phänomen, das sowohl im staatlichen Bereich als auch in der Wirtschaft angetroffen werden kann. In der öffentlichen Verwaltung stellt Korruption eine Gefahr für das rechtsstaatliche Gefüge des Staatswesens dar. Korruption schwächt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität staatlichen Handelns und bewirkt einen Verlust an Vertrauen in die Unparteilichkeit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Politik und Verwaltung.

 

In der Verwaltung können sich korruptive Strukturen entwickeln. Diese bestehende Gefahr darf nicht verkannt oder unterschätzt werden. Es steht nicht in Frage, dass der überwiegende Teil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst seine Aufgaben unparteiisch, gerecht und zum Wohl der Allgemeinheit wahrnimmt. Dies schließt aber nicht aus, dass einzelne den Versuchungen, z.B. einer angebotenen Vorteilsannahme unterliegen können. Diese Wenigen, die korrupt sind, müssen zur Verantwortung gezogen werden.

 

Die Bemühungen des Landes Schleswig-Holstein, insbesondere präventive Ansätze und Maßnahmen zu ergreifen, die das Auftreten von Korruption im Vorfeld erschweren oder verhindern werden durch diese Richtlinie unterstützt. Nur wer um die Gefahren weiß, kann auf sie reagieren und vorbeugend handeln.

 

Die Zusammenfassung von Grundsätzen und Einzelregelungen in einer gemeinsamen Richtlinie dient einer besseren Überschaubarkeit der verschiedenen Aspekte der Korruptionsprävention und -bekämpfung für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die Richtlinie soll den Führungskräften, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Hilfestellung geben, um die notwendigen Maßnahmen zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung treffen zu können und enthält Anregungen und Empfehlungen, die in allen Arbeitsbereichen unterstützend einwirken. Sie soll Diskussions- und Sensibilisierungsprozesse auf allen Ebenen fördern und das Problembewusstsein zu korruptionsrelevanten Verhaltensweisen stärken. Bestandteil dieser Richtlinie sind auch Hinweise zu selbstverständlichen Punkten, die in der täglichen Praxis und im Bewusstsein vielfach in den Hintergrund gerückt sind.

 

1.2 

Anwendungsbereich

Diese Richtlinie gilt für alle Dienststellen des Landes.

 

Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften gilt diese Richtlinie, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

 

2. 

Korruption

2.1 

Begriff

Der Begriff "Korruption" ist im Strafrecht nicht verbindlich definiert.

 

"Korruption" beinhaltet insbesondere folgende Kriterien:

· 

Missbrauch einer amtlichen Funktion, einer vergleichbaren Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats auf Veranlassung oder eigeninitiativ

· 

Erlangung bzw. Anstreben eines Vorteils für sich oder für einen Dritten

· 

Eintritt eines unmittelbaren oder mittelbaren Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit (in amtlicher oder politischer Funktion)

· 

Geheimhaltung bzw. Verschleierung dieser Machenschaften

 

2.2 

Gesetzliche Regelungen

2.2.1 

Strafrecht

Das Strafrecht kennt keinen eigenständigen Korruptionstatbestand, sondern sanktioniert das mit ihr verbundene Unrecht in verschiedenen Straftatbeständen.

 

Dies sind die Bestechungsdelikte (Anhang 1) und die sog. Begleitdelikte (Anhang 2).

 

Neben der Verhängung von Geld- oder Freiheitsstrafen sind weitere Rechtsfolgen gesetzlich vorgesehen (Anhang 3).

 

Den Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung kommen besondere Verpflichtungen und Obliegenheiten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu. Aufgrund dessen knüpfen einzelne Straftatbestände, sog. Amtsdelikte, an die Amtsträgereigenschaft nach § 11 Abs. 1 Ziffer 2 StGB an. Hierzu zählen im Bereich der Bestechungsdelikte die Straftatbestände §§ 331, 332, 333, 334 StGB und im Bereich der Begleitdelikte die Straftatbestände §§ 258a, 348, 353b, 357 StGB.

 

Soweit sich die öffentliche Verwaltung privater Sachkompetenz (z.B. Generalunternehmen, Architekten- oder Ingenieurbüros) bei der Ausführung ihrer Aufgaben bedient, besteht die Möglichkeit, die hier Tätigen nach § 1 Abs. 1 Verpflichtungsgesetz auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheit zu verpflichten und damit ein Pendant zur Bestellung als Amtsträger zu schaffen. Hierzu ist eine förmliche Verpflichtung und der Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen der Pflichtverletzung notwendig.

 

2.2.2 

Dienst- und Arbeitsrecht

In allen Fällen von schuldhaften Dienstpflichtverletzungen im Korruptionsbereich, auch wenn sie keine Straftatbestände erfüllen, sind disziplinar- und arbeitsrechtliche Maßnahmen mit Nachdruck anzuwenden.

 

Soweit materieller Schaden entstanden ist, werden Schadensersatzforderungen gegen die Beschäftigten erhoben.

 

2.3 

Korruptionsgefährdete Bereiche

Korruptionsgefährdet sind insbesondere solche Bereiche, in denen in erheblichem Umfang beim Abschluss von Verträgen oder Zuwendungen Ermessensentscheidungen geplant, getroffen oder diese kontrolliert werden.

 

Zu diesen Arbeitsgebieten gehören u.a. die Bereiche, die

⇒ 

Aufträge vergeben,

⇒ 

Fördermittel und Zuschüsse bewilligen,

⇒ 

über Genehmigungen, Gebote und Verbote entscheiden,

⇒ 

Abgaben und Gebühren festsetzen oder erheben,

⇒ 

öffentlich rechtliche Verträge schließen,

⇒ 

andere Verwaltungsakte erlassen und

⇒ 

Kontrolltätigkeiten ausüben.

 

2.4 

Anzeichen für Korruption

Im Hinblick auf Korruptionsgefahren können eine Reihe von Indikatoren Warnsignale sein. Das ist besonders dann der Fall, wenn sie stark ausgeprägt sind oder häufiger oder in Kombination mit anderen auftreten.

 

Bestehende Indikatoren lassen nicht zwangsläufig auf ein Fehlverhalten schließen, ihre Bewertung ist daher im Einzelfall mit großer Sorgfalt durchzuführen.

 

Die unterschiedlichsten Erscheinungsformen der Korruption führen dazu, dass Indikatorenkataloge nicht vollständig sein können und in unterschiedlichen Gefährdungsbereichen voneinander abweichen können.

 

Beispielhaft sind zu nennen:

Personenbezogene Indikatoren:

⇒ 

Wiederkehrende Unabkömmlichkeit (z.B. Verzicht auf Urlaub, Anwesenheit im Krankheitsfall)

⇒ 

Auffallender Lebensstandard, aufwendiger Lebensstil

⇒ 

Private Kontakte zu Antragstellerinnen, Antragstellern, Bieterinnen und Bietern

⇒ 

Inanspruchnahme von betrieblichen Einrichtungen, Freizeitanlagen, Ferienwohnungen und Veranstaltungen von Antragstellerinnen, Antragstellern, Bieterinnen und Bietern

⇒ 

Unerklärlicher Widerstand gegen eine Aufgabenänderung oder Umsetzung

⇒ 

Persönliche Probleme (z.B. Spielsucht, Überschuldung), die auch zu finanziellen Belastungen führen können

 

Aufgabenbezogene bzw. Systembezogene Indikatoren:

⇒ 

Aufgabenkonzentration auf eine Person

⇒ 

Verzicht auf sonst übliche Kontrollen oder Überprüfungen

⇒ 

An sich ziehen von Zuständigkeiten

⇒ 

Umgehen oder "Übersehen" von Vorschriften und Zuständigkeiten

⇒ 

Fehlende Dokumentation von Entscheidungsbegründungen

⇒ 

Auffallend entgegenkommende Behandlung von Antragstellerinnen und Antragstellern

⇒ 

Unterschiedliche Bewertung von Vorgängen, Missbrauch von Ermessensspielräumen

 

Anonyme Hinweise, Gerüchte von außen und Andeutungen im Kollegenkreis bedürfen als Warnsignale insbesondere auch zum Schutz der Betroffenen einer sorgfältigen Gewichtung und besonderen Analyse, damit Missbrauch ausgeschlossen wird. Hilfestellung können die unter Ziffer 5 genannten Ansprechstellen geben.

 

2.5 

Verhütung von Korruption

Die Verhütung von Korruption muss da ansetzen, wo die Gefahr besteht, dass mit unlauteren Mitteln Einfluss genommen wird, wobei eine tatsächliche Einflussnahme allerdings schwer zu erkennen ist. So sind die Grenzen zwischen der Kontaktpflege und unlauterer Gewährung von Vorteilen oft fließend. Deshalb müssen Präventionsmaßnahmen sehr früh einsetzen und mit besonderer Sorgfalt auf die Anzeichen für Korruption geachtet werden.

 

Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Korruptionsbegünstigende Faktoren vermieden werden. Als Korruptionsbegünstigende Faktoren gelten:

⇒ 

Mangelnde Dienst- und Fachaufsicht

⇒ 

Mangelnde interne Kontrollen

⇒ 

Unzureichende Personalausstattung, Überlastung (z.B. veraltete Strukturen, zunehmender Verwaltungsaufwand und Mehraufwand durch Personalreduzierung)

 

Diesen Faktoren muss im Rahmen der Führungsverantwortung und bei Einsatz von Kontrollmechanismen besondere Bedeutung beigemessen werden.

 

3. 

Maßnahmen in der Landesverwaltung

Zur Korruptionsbekämpfung und insbesondere zur Korruptionsprävention sollten die Dienststellen ihre korruptions-gefährdeten Bereiche ermitteln und prüfen, wie die Risiken durch organisatorische Maßnahmen reduziert werden können.

 

Geeignete Maßnahmen im Sinne der Ziffer 3 sollten in jeder Dienststelle beschrieben werden. Für eine wirksame Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung ist es erforderlich, dass diese Maßnahmen weiterentwickelt und deren Wirksamkeit regelmäßig überprüft werden.

 

3.1 

Personal

3.1.1 

Information

Die praxisnahe Information der Beschäftigten ist ein zentrales und wichtiges Instrument bei der Prävention und Bekämpfung von Korruption. Es muss bei jedem Einzelnen ein Problembewusstsein für die übertragene Aufgabe im Hinblick auf die Möglichkeit persönliche Verstrickungen geweckt werden.

 

Bei ihrem Eintritt in den Landesdienst sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diese Richtlinie und auf das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken nach § 86 LBG oder den entsprechenden tarifrechtlichen Vorschriften sowie auf die sich aus einem Verstoß gegen diese Vorschriften ergebenden Folgen und die Strafbestimmungen hinzuweisen.

 

Spätestens nach zwei Jahren ist dieser Hinweis zu wiederholen.

 

3.1.2 

Personalauswahl und Begrenzung der Verwendungszeiten

Bei der Personalauswahl für korruptionsgefährdete Bereiche ist besondere Sorgfalt anzuwenden. Der Arbeitsplatzwechsel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in korruptionsgefährdeten Bereichen ist ein Instrument zur Korruptionsprävention. Dazu kann auch die Förderung der Mobilität beitragen.

 

Ein Wechsel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stoßen. Gründe, die einem Wechsel entgegenstehen, sind Fachkenntnisse, die nicht ohne weiteres austauschbar sind sowie Personalmangel und personalwirtschaftliche Gründe.

 

Es wird empfohlen, diese Gründe aktenkundig zu machen und auf eine ausgeprägte Dienstaufsicht zu achten.

 

3.1.3 

Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Thema "Korruption" offen anzusprechen und über Korruptionsgefahren zu diskutieren, muss gefördert werden.

 

Eine Stärkung des Problem- und Verantwortungsbewusstseins bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern setzt eine Sensibilisierung voraus. Im Rahmen der internen Öffentlichkeitsarbeit können Informationsbriefe hilfreich sein.

 

Auch im Rahmen der Führungsverantwortung und Dienst- und Fachaufsicht gibt es Informationsmöglichkeiten, die Berücksichtigung finden sollen. Dazu zählen insbesondere:

· 

Umfassende Unterrichtung über die vorhandenen Regelungen (z.B. Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken, Richtlinie Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung)

· 

Regelmäßige Information über die Rechtslage und die Rechtsfolgen von Korruption (z.B. im Rahmen von Mitarbeitergesprächen)

· 

Ausführliche Unterrichtung über zu erwartende Sanktionen bei Verstößen gegen die Regelungen

 

Diese Informationsgespräche sollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Hilfestellung geben und Reaktionsmöglichkeiten aufzeigen.

 

3.1.4 

Verhaltenskodex

Der beigefügte Verhaltenskodex (Anhang 4) soll alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein auf Gefahren hinweisen, durch die sie ungewollt in Korruption verstrickt werden können. Er soll auch Hilfestellung auf mögliche Reaktionen geben und Sicherheit verschaffen, in angemessener Weise auf korruptionsverdächtige Vorkommnisse reagieren zu können.

 

3.1.5 

Aus- und Fortbildung

In der Aus- und Fortbildung ist genau wie in der täglichen Praxis die Auseinandersetzung mit Korruptionsgefahren erforderlich. Das Thema Korruption muss auch Teil der Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung sein.

 

Vorgesetzten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus besonders korruptionsgefährdeten Bereichen ist Gelegenheit zu geben, an entsprechender Fortbildung teilzunehmen. Die Fortbildung soll sich aber nicht nur auf diesen Personenkreis allein beschränken.

 

Ziel ist es, Vorgesetzte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum sachgerechten Umgang mit Gefährdungen und Verdachtsmomenten zu sensibilisieren, insbesondere

· 

müssen Vorgesetzte lernen, Schwachstellen zu erkennen und zu analysieren, Kontrollen zu installieren bzw. durchzuführen und Fehlverhalten auch zu sanktionieren,

· 

müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten auf den Umgang mit Kunden (Annahmeverweigerung von Geschenken und Belohnungen) als auch mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten geschult werden,

· 

müssen Vorgesetzte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Auftreten von Verdachtsmomenten auf den Umgang damit geschult werden.

 

3.1.6 

Führungsverantwortung

Vorgesetzte sollen, wenn sie ihre Führungsverantwortung konsequent ausüben, insbesondere auf Korruptionsindikatoren und Korruptionsbegünstigende Faktoren achten. Sie müssen ihrer Vorbildfunktion gerade im Hinblick auf die Gefahren der Korruption gerecht werden.

 

Im Rahmen moderner Führungsmethoden haben Vorgesetzte beispielsweise die Möglichkeit durch Personalgespräche und auch Zielvereinbarungen Sachkontrollen wahrzunehmen. Die Anforderungen an die Formalien der Arbeitsabläufe und Dokumentationspflichten sind konkret zu definieren. Auch bei kooperativem Führungsstil können Vorgesetzte nicht darauf verzichten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kontrollieren. Zur Steigerung der Akzeptanz dieser Kontrollfunktion wird die gemeinsame Entwicklung von Schwachstellenanalysen empfohlen.

 

Vorgesetzte sollen sowohl darauf hinwirken, dass die einen Korruptionsverdacht anzeigenden Beschäftigten nicht in eine Abseitsposition gedrängt werden, als auch darauf, dass Verdächtigte nicht vorverurteilt werden.

 

3.2 

Weitere Regelungen

3.2.1 

Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken

Die Annahme von Belohnungen, Aufmerksamkeiten, Begünstigungen und Geschenken kann ein Einfallstor für Korruption sein, denn der Übergang von kleinen Gefälligkeiten oder Aufmerksamkeiten zur Korruption ist oft fließend. Der Erlass "Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Landes Schleswig-Holstein" ist daher besonders zu beachten (Anhang 5).

 

Auf externe und produktbezogene kostenlose Schulungsangebote und Fortbildungen mit großzügiger Bewirtung ist grundsätzlich zu verzichten. Solche Schulungsangebote verfolgen oftmals das Ziel, auf Vergaben unter Ausschluss von Mitbietern einzuwirken.

 

Die beigefügten Musterbriefe (Anhang 6) sollen als Hilfestellung bei der Nichtannahme von Einladungen, Belohnungen und Geschenken dienen.

 

3.2.2 

Nebentätigkeiten

Bei Nebentätigkeiten muss bereits der Anschein vermieden werden, dass durch sie dienstliche und private Interessen verquickt werden und damit eine objektive, gerechte und sachliche Erledigung der Dienstgeschäfte nicht mehr gewährleistet ist. In korruptionsgefährdeten Bereichen ist daher bei der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen ein strenger Maßstab anzuwenden.

 

Die Genehmigung einer Nebentätigkeit ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Eine erteilte Genehmigung ist zu widerrufen, wenn dienstliche Interessen beeinträchtigt sind. Genehmigungsfreie Nebentätigkeiten sind zu untersagen, wenn dienstliche Pflichten verletzt werden.

 

Konkrete Hinweise zum Nebentätigkeitsrecht sind dem Anhang 7 und 8 zu entnehmen.

 

3.3 

Kontrollmechanismen

3.3.1 

Verbesserung der Abläufe

Die dienstrechtlichen, organisatorischen, haushalts- und kassenrechtlichen Regelungen haben eine Korruptionshemmende Wirkung. Der strikten Einhaltung dieser Regelungen kommt daher eine ganz besondere Bedeutung bei.

 

Geeignete Kontrollmechanismen sind auszubauen bzw. aufzubauen wie beispielsweise durch stichprobenartige intensive Vorgangskontrollen, Herausgabe von Checklisten, Überprüfung von Ermessensentscheidungen und Verstärkung von Innenrevisionen.

 

Es muss sichergestellt sein, dass

· 

Transparenz gewährleistet ist und zwar so, dass Entscheidungen nachvollziehbar und aktenkundig begründet werden , dies gilt insbesondere auch für Vorgänge, die IT-gestützt bearbeitet werden und

· 

das Vier-Augen-Prinzip eingehalten und verstärkt wird.

 

Es sollte darüber hinaus insbesondere darauf hingewirkt werden, dass bei der Vergabe von Lieferungen und Leistungen Planung, Leistungsbeschreibung, Vergabe, Abnahme und Abrechnung nicht in einer Hand liegen.

 

3.3.2 

Dienst- und Fachaufsicht

Eine wirksame Korruptionsprävention setzt eine kompetente Dienst- und Fachaufsicht voraus. Durch eine Verbesserung der Arbeitsabläufe und den Einsatz geeigneter Kontrollmechanismen wird auch die Dienst- und Fachaufsicht gestärkt.

 

Vorgesetzte kennen die Arbeitsbereiche, die einer besonderen Korruptionsgefahr unterliegen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im weitesten Sinne mit Beschaffungs- und Vergabeverfahren bei öffentlichen Aufträgen betraut sind, müssen infolge ihrer speziellen Funktion als besonders korruptionsgefährdet eingestuft werden. Durch das vorhandene Insiderwissen und Kontakte können diese Personen zum Ziel für Einflussnahmen Dritter werden. In diesen Bereichen ist besonders auf die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht zu achten. Die Transparenz und Vollständigkeit der Vorgänge besitzt größte Bedeutung.

 

Geregelte Informations- und Beteiligungsverfahren der Fachaufsicht sind mit anlassbezogenen oder regelmäßigen Kontrollen zu verbinden.

 

Auf die jeweiligen Anzeichen von Korruption ist zu achten.

 

3.3.3 

Innenrevision

Innenrevisionen sind in allen Ressorts eingerichtet worden und dienen u.a. als Mittel zur Korruptionsprävention. Die Innenrevision dient der Unterstützung der Leitung der Ministerien und trägt zur Erreichung eines effektiven, wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs bei.

 

Sie prüft und kontrolliert vollständig oder stichprobenartig laufende und abgeschlossene Vorgänge und die getroffenen Entscheidungen. Getroffene Feststellungen und Empfehlungen werden schriftlich dokumentiert und die Umsetzung ihrer Empfehlungen in einer Nachschau überwacht.

 

Daneben ist es Aufgabe der Innenrevision, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beraten und zu informieren.

 

4. 

Vergaben

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist wegen ihrer Finanzwirksamkeit, da unmittelbar zwischen zwei Parteien Geldmittel zum Teil in nicht unerheblicher Höhe fließen, in besonderem Maße den Angriffen korruptiver und anderer unlauterer Handlungen ausgesetzt.

 

Es wird daher auf die Besonderheiten im Vergaberecht hingewiesen.

 

4.1 

Vergabeverfahren

Im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe sind eine Vielzahl von Rechtsgrundlagen zu beachten (Anhang 9).

 

Zur Sicherstellung eines einheitlichen und transparenten Verfahrens im Vergabeverfahren sind die Vorschriften des Haushalts- und Vergabewesens strikt einzuhalten. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu beachten.

 

Einzelheiten regelt der Vergabeleitfaden des Landes Schleswig-Holstein.

 

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist regelmäßig im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht auf unzulässige Einflussfaktoren zu kontrollieren. Besonderes Augenmerk ist auf die Korrektheit des Vergabeverfahrens, der Unterlagen und der Dokumentation zu richten. Wird aus besonderen Gründen von den Bestimmungen abgewichen, ist für eine ausgeprägte Dienstaufsicht Sorge zu tragen.

 

4.2 

Verfahren bei Ausschreibung und Vergabe

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind die Grundsätze der Öffentlichen Ausschreibung bzw. des Offenen Verfahrens zu beachten.

 

Die Verdingungsordnungen enthalten die zwingende Verpflichtung, über die Vergabe einen Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Der Vergabevermerk soll fortlaufend gefertigt werden, d.h. jede das Vergabeverfahren betreffende Entscheidung ist im zeitlichen Zusammenhang zu dokumentieren.

 

Ein Abweichen von der Öffentlichen Ausschreibung bzw. vom Offenen Verfahren setzt voraus, dass in jedem Einzelfall die Gründe im Vergabevermerk aktenkundig gemacht werden. Die nach den Verdingungsordnungen zugelassenen Ausnahmen sind ausdrücklich zu dokumentieren. Ein Hinweis auf die Verdingungsordnung reicht für sich allein nicht aus. Beschränkte Ausschreibungen bzw. Nichtoffene Verfahren sind nur auf solche Fälle zu beschränken, die aufgrund ihrer Eigenart oder wegen besonderer Umstände zwingend erforderlich sind. Freihändige Vergaben bzw. Verhandlungsverfahren sollten nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen. Insbesondere für eine Beschränkte Ausschreibung bzw. ein Nichtoffenes Verfahren und eine Freihändige Vergabe bzw. ein Verhandlungsverfahren sind die Gründe schriftlich darzulegen.

 

Bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben ist grundsätzlich ein breit gestreuter Bieterwechsel vorzunehmen und der Bewerberkreis zu erkunden. Vor einer freihändigen Vergabe ist der Bewerberkreis besonders zu erkunden (Preisanfrage). Die Ergebnisse sind zu dokumentieren.

 

Im Falle der Überprüfung der Vergabeentscheidung durch die Vergabekammer fordert diese die sofortige Übersendung der Vergabeakten an. Gut geführte Vergabeakten verschaffen dem Berichterstatter der Vergabekammer einen schnellen Überblick und belegen die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen. Schlüssige, sachlich nachvollziehbare Vergabevermerke sind im Nachprüfungsverfahren auch geeignet, Behauptungen von Verfahrensverstößen möglichst schell zu widerlegen. Sie dienen darüber hinaus der Selbstkontrolle der Vergabestelle.

 

4.3 

Grundsätzliche Trennung von Planung, Vergabe und Abrechnung

Planung, Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung sind zu trennen.

Es ist dafür zu sorgen, dass die Entscheidung über die Vergabeart und den konkreten Zuschlag oder Auftrag grundsätzlich von mindestens zwei voneinander organisatorisch unabhängigen Stellen getroffen werden. Die zweite Stelle kann auch die oder der Beauftragte für den Haushalt sein.

 

Vorgesetzte haben dafür Sorge zu tragen, dass die bei öffentlichen Aufträgen handelnden Beschäftigten das Vier-Augen-Prinzip beachten.

 

Im Vergabeverfahren eingeschaltete Sachverständige dürfen nur zur Klärung fachlicher Fragen bei der Vorbereitung der Ausschreibung beteiligt werden. Sie dürfen weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vorgabe beteiligt sein oder werden. Die einschlägigen Vorschriften der Verdingungsordnungen sind zu beachten.

 

4.4 

Erstellen von Leistungsbeschreibungen

Die Leistungsbeschreibung muss nach den Vorgaben der Vergabevorschriften erfolgen.

 

Es ist sicherzustellen, dass die Leistungsbeschreibung sorgfältig und vollständig aufgestellt wird und bei Erstellung der Vergabeunterlagen abgeschlossen ist.

 

In der Leistungsbeschreibung müssen die Mengen nach dem tatsächlichen Bedarf ermittelt werden. Es dürfen keine Scheinpositionen ausgeschrieben werden. Leistungsbeschreibungen sollen nicht auf bestimmte Herstellerinnen und Hersteller zielen, Produktbeschreibungen sollen nicht auf ein bestimmtes Fabrikat hinweisen, um Absprachen mit Herstellerinnen und Herstellern oder Lieferantinnen und Lieferanten zu verhindern.

 

Wahlpositionen sind nur vorzusehen, wenn sich von mehreren brauchbaren und technisch gleichwertigen Lieferungen und Leistungen nicht von vornherein die wirtschaftlich günstigste bestimmen lässt. Bedarfspositionen sind nur in begründeten Ausnahmefällen aufzunehmen. Bei Wahlpositionen ist eine präzise Mengenangabe nötig und bei Bedarfspositionen sind die Mengen so genau wie möglich zu schätzen. Die Notwendigkeit bzw. die Begründung ist aktenkundig zu machen.

 

Bei der Entwicklung der Leistungsbeschreibung behilfliche Unternehmen sind nach dem Vergaberecht grds. von der Beteiligung am Vergabeverfahren ausgeschlossen.

 

4.5 

Behandlung von Unterlagen im Vergabeverfahren

Die Bewerberlisten sind vertraulich zu behandeln und sorgfältig zu verwahren. Bei der Durchführung der Vergabeverfahren ist das Gebot der Geheimhaltung strikt zu beachten. Namen und Zahl der Bewerberinnen und Bewerber dürfen weder den Bewerbern noch Dritten mitgeteilt werden. Mitteilungen über Einzelheiten aus Bewerbungen oder Angeboten, über Inhalt von Verhandlungen mit Bietern, über Stand und Ergebnisse der Angebotswertung und dergleichen sowie Unterlagen darüber nur an die mit der Vergabe unmittelbar befassten Bediensteten gegeben werden.

 

Die eingehenden Angebote sind bis zum Eröffnungstermin zu verschließen. Es ist darauf zu achten, dass beim Umgang mit den Angeboten durchgängig das Vier-Augen-Prinzip Anwendung findet und die Vorschriften des Vergaberechts strikt eingehalten werden.

 

Während des Eröffnungstermins sind alle Angebotsunterlagen in geeigneter Weise so zu kennzeichnen, dass ein nachträglicher Austausch von Angebotsunterlagen sofort erkennbar wird. Bereits bei der Öffnung der Angebote sollten Auffälligkeiten wie z.B. geänderte Preise oder fehlende Angaben markiert und protokolliert werden.

 

Das Prüfungs- und Wertungsverfahren ist mit größter Sorgfalt vorzunehmen, um einerseits dem haushaltsrechtlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen, andererseits Schadensersatzansprüchen von Bieterinnen und Bietern entgegenzuwirken.

 

Auf die Kennzeichnung von vertraulichen Unterlagen bei Berührung legitimer geschäftlicher Unternehmensinteressen ist im Hinblick auf das Akteneinsichtsrecht (Ziff. 4.8) besonders zu achten.

 

4.6 

Wettbewerbsausschluss von Unternehmen

Die Zuverlässigkeit von Bewerberinnen, Bewerbern, Bieterinnen und Bietern ist wesentliches Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Haben Unternehmen nachweislich eine schwere Verfehlung begangen, die ihre Zuverlässigkeit in Frage stellt, können sie von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden.

 

Als schwere Verfehlungen gelten insbesondere

⇒ 

schwerwiegende Straftaten, die im Geschäftsverkehr begangen worden sind,

⇒ 

Bestechung oder Vorteilsgewährung,

⇒ 

die Lieferung konkreter Planungs- und Ausschreibungshilfen mit dem Ziel, den Wettbewerb zu unterlaufen,

⇒ 

die Abgabe eines Angebots, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, und

⇒ 

Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und

⇒ 

Verstöße gegen das Schwarzarbeitsgesetz.

 

Die mit der Durchführung des Vergabeverfahrens befasste Dienststelle entscheidet in jedem Einzelfall eigenverantwortlich darüber, ob ein Unternehmer wegen Unzuverlässigkeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden soll. Die Ermessenserwägung, die zur Ausschlussentscheidung geführt hat, ist schriftlich zu dokumentieren.

 

4.7 

Führen einer Vergabedatei

Vor dem Hintergrund des Gefährdungspotentials im Bereich des Auftrags- und Vergabewesens wird angeregt, eine DV-gestützte Vergabedatei zu führen. Diese sollte nach verschiedenen Sachgebieten geordnet sein. Darüber hinaus sollte der jeweilige Verwaltungsvorgang unter den Stichworten Auftrag, Auftragsvolumen, beauftragte Firma (auch Nachfolgerin oder Nachfolger), Aktenzeichen, verantwortliche bzw. entscheidende Stelle, ggf. namentlich benannt, abrufbar sein, um mögliche Unregelmäßigkeiten besser nachprüfen zu können.

 

Den Belangen des Datenschutzes ist Rechnung zu tragen.

 

4.8 

Überprüfung der Vergabeentscheidung

Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt der Nachprüfung durch die Aufsichtsbehörden und Vergabeprüfstellen. Unbeschadet dieser Prüfungsmöglichkeiten unterliegt sie der Nachprüfung durch die Vergabekammer. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) regelt u.a. die Nachprüfung der Vergabe von Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträgen aufgrund der europäischen Richtlinien (ab dem jeweiligen Schwellenwert). Mit dem GWB werden den Bewerberinnen, Bewerbern, Bieterinnen und Bietern weitergehende Rechte als bisher eröffnet. So besteht beispielsweise erstmals die Möglichkeit der Akteneinsicht durch die Beteiligten.

 

Durch das GWB wird den im Vergabeverfahren nicht berücksichtigten Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, ihre Rechte in einem Nachprüfungsverfahren durchzusetzen. Werden Fehler bei einer Vergabe festgestellt, können diese sowohl zu Schadensersatzansprüchen gegen die Dienststelle führen als auch die geplante Maßnahme erheblich verzögern.

 

Neben dem Nachweis der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit dürfen weitergehende Anforderungen (z.B. Frauenförderung) nur dann gestellt werden, wenn diese durch ein Gesetz zugelassen worden sind.

 

4.8.1 

Vergabeprüfstellen

Das Land Schleswig-Holstein hat von der Möglichkeit, Vergabeprüfstellen einzurichten, Gebrauch gemacht (Anhang 10).

 

Den Vergabeprüfstellen obliegt die Überprüfung der Einhaltung der von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 1 bis 3 GWB anzuwendenden Vergabevorschriften. Sie prüfen auf Antrag oder von Amts wegen und können die das Vergabeverfahren durchführende Stelle verpflichten, rechtswidrige Maßnahmen aufzuheben und rechtmäßige Maßnahmen zu treffen. Sie haben aber auch die Funktion zu beraten und streitschlichtend tätig zu werden. Die Vergabeprüfstelle, an die sich die Bewerberin oder der Bewerber, die Bieterin oder der Bieter zur Nachprüfung behaupteter Verstöße gegen die Vergabebestimmungen wenden kann, ist in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen zusätzlich zur Vergabekammer anzugeben.

 

Die Prüfung durch die Vergabeprüfstelle ist nicht Voraussetzung für die Anrufung der Vergabekammer. Gegen eine Entscheidung der Vergabeprüfstelle kann zur Wahrung von Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB nur die Vergabekammer angerufen werden.

 

4.8.2 

Vergabekammer

Bei Aufträgen, die die Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, nimmt die Vergabekammer Schleswig-Holstein auf Antrag die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge wahr.

 

Die Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammer Schleswig-Holstein bestimmt sich nach der Landesverordnung zur Ausführung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Anhang 11). Aufgrund der sehr kurzen Überprüfungsfristen durch die Vergabekammer bzw. das Oberlandesgericht sind die öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggeber in besonderem Maße gefordert, nicht nur korrekt zu vergeben, sondern auch die Transparenz des Verfahrens - insbesondere durch einen Vergabevermerk - sicherzustellen.

 

5. 

Korruptionsverdacht

5.1 

Unterrichtung

Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter soll dazu beitragen, dass das Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht durch korruptives Verhalten geschädigt wird. Eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung erfordert das Zusammenwirken aller, um korruptive Praktiken zu verhüten, aufzudecken und verfolgen zu können. Erlangen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienstlich Informationen, die nach persönlicher Würdigung auf korruptive Praktiken schließen lassen, haben sie diese Informationen weiterzuleiten.

 

Die Informationen können an die Vorgesetzte, den Vorgesetzten, die Ansprechstelle (Ziffer 5.2) oder die Innenrevision weitergeleitet werden.

 

5.2 

Ansprechstelle

Die Ansprechstellen beraten und betreuen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bestehen Zweifel über das Vorliegen ausreichender Anhaltspunkte für einen Korruptionsverdacht bieten die Ansprechstellen Hilfestellung insbesondere auch bei der Beurteilung kritischer Sachverhalte gemäß Ziffer 2.4.

 

Über ihre Beratungs- und Aufklärungsfunktion hinaus gelten sie als innerbehördliche und ressortübergreifende Bindeglieder. Sie sollen soweit möglich die Sachkompetenz in Gesprächs- und Arbeitskreisen gegen Korruption sicherstellen und bei der Umsetzung der als notwendig gesehenen Maßnahmen zur Korruptionsprävention, Korruptionsverhütung und Korruptionsbekämpfung mitwirken.

 

Jedem Ressort wird empfohlen, im Ministerium selbst, in den zugeordneten Ämtern und nachgeordneten Behörden Ansprechstellen zu benennen, denen ein Korruptionsverdacht unmittelbar mitgeteilt werden kann, dies können die Innenrevisorinnen oder Innenrevisoren sein. Nach Größe und Aufgaben der Dienststellen ist es möglich, dass eine Ansprechstelle auch für mehrere Dienststellen zuständig ist. Es ist darauf zu achten, dass die Ansprechstellen über die für ihre Aufgabe erforderliche fachliche und soziale Kompetenz verfügen.

 

5.3 

Zentrale Stelle Korruption

Die Zentrale Stelle Korruption ist Ansprechstelle für alle Verwaltungsbehörden, die mit der Verfolgung oder Aufdeckung korruptiver Verhaltensweisen befasst sind. Sie ist bei dem Generalstaatsanwalt eingerichtet und unter folgender Anschrift erreichbar:

Generalstaatsanwältin/Generalstaatsanwalt
- Zentrale Stelle Korruption –
Gottorfstraße 2
24837 Schleswig

 

5.4 

Verhalten und Maßnahmen bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes

Damit eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung gewährleistet ist, müssen alle Stellen zusammenwirken, denen Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung korruptiver Praktiken möglich ist.

 

Wird wegen Anzeichen von Korruption zunächst verwaltungsintern ermittelt, ist darauf zu achten, dass spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden. Nach der Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden obliegt diesen ausschließlich die weitere Aufklärung des Sachverhalts, es soll daher grundsätzlich nicht weiter verwaltungsintern aufgeklärt werden.

 

Dienst- bzw. arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der zuständigen Stelle zu prüfen und ggf. durchzuführen.

 

Die rechtzeitige Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist sicherzustellen.

 

5.5 

Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden

Um Korruption wirksam bekämpfen zu können, sind die Strafverfolgungsbehörden möglichst frühzeitig durch die Verwaltungsbehörden zu unterrichten.

 

Näheres regelt der Erlass zur Zusammenarbeit von Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden (Anhang 12).

 

Ergeben sich konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Korruptionsverdachtes ist die Strafverfolgungsbehörde einzuschalten. Die Mitteilung ist an die Staatsanwaltschaft oder an die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Korruption beim Landeskriminalamt zu richten.

 

6. 

Sponsoring

Unter Sponsoring versteht man im Allgemeinen die Zuwendung von Finanzmitteln, Sach- und/oder Dienstleistungen durch Private (Sponsoren) an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen, eine Organisation oder Institution (Gesponserte), mit der regelmäßig auch eigene (unternehmensbezogene) Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden.

 

Eine Rahmenregelung "Grundsätze für Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatische Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben" befindet sich auf Bund-/Länder-Ebene in Erarbeitung. Nach Abschluss wird die Anwendbarkeit für Schleswig-Holstein zu prüfen sein.

 

7. 

Schlussbestimmungen

7.1 

Regelungen bei Zuwendungsmaßnahmen

Geben Dienststellen des Landes Zuwendungen für institutionelle Förderung an Stellen außerhalb der Landesverwaltung und ist die Zuwendungsempfängerin bzw. der Zuwendungsempfänger zur Anwendung der Vergabevorschriften verpflichtet, wird die Zuwendungsempfängerin bzw. der Zuwendungsempfänger im Bewilligungsbescheid zur Anwendung des Kapitels 4 (Vergaberecht) dieser Richtlinie verpflichtet.

 

7.2 

Andere Regelungen

Dienststellenbezogene zusätzliche Regelungen sind zulässig.

 

Soweit die besonderen Verhältnisse einer Dienststelle zusätzliche Regelungen zur Korruptionsprävention erfordern, übersenden die zugeordneten Ämter und nachgeordneten Behörden ihre Regelungen der Fachaufsichtsbehörde.

 

7.3 

Anwendungsempfehlungen

Den der Aufsicht des Landes Schleswig-Holstein unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, diese Richtlinie entsprechend anzuwenden. Das gilt auch, soweit Unternehmen des Privatrechts, an denen eine Beteiligung besteht, betroffen sind.

 

7.4 

Inkrafttreten

Die Richtlinie tritt am 1. Oktober 2003 in Kraft.

 

8.  

Anlagen


Anhang 1*:

Gesetzliche Regelungen des Strafgesetzbuches (Bestechungsdelikte)

Anhang 2*:

Gesetzliche Regelungen des Strafgesetzbuches (Begleitdelikte)

Anhang 3*:

Gesetzliche Regelungen des Strafgesetzbuches (weitere Rechtsfolgen)

Anhang 4:

Verhaltenskodex

Anhang 5*:

Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Landes Schleswig-Holstein

Anhang 6:

Musterbriefe

Anhang 7*:

seit 1. Januar 2005 außer Kraft

Anhang 8*:

Merkblatt und Vordrucke zum geänderten Nebentätigkeitsrecht

Anhang 9:

Rechtsgrundlagen für die öffentliche Auftragsvergabe

Anhang 10:

Übersicht über die Vergabeprüfstellen des Landes Schleswig-Holstein

Anhang 11*:

Landesverordnung zur Ausführung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Anhang 12*:

Erlass zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und Strafverfolgungsbehörden

* Wegen der besseren Lesbarkeit wird an dieser Stelle vom Abdruck abgesehen.